Abzug von NATO-Atomwaffen aus Deutschland - Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag

04. Mai 2018

Der SPD Unterbezirk Miesbach will mit einem Antrag auf dem Landesparteitag der Partei am 16. Juni 2018 in Weiden erreichen, dass Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden und Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt, der bereits von 122 Staaten angenommen wurde. Hier der Antrag im Wortlaut:

SPD Unterbezirk Miesbach

Antrag zum 70. außerordentlichen Landesparteitag am 16. Juni 2018 zur Weiterleitung an den Bundesparteitag, und die Bundestagsfraktion

Abzug von NATO-Atomwaffen aus Deutschland Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag

In Büchel/Rheinland-Pfalz sind 20 Atomsprengköpfe vom Typ B61 Mod. 4 gelagert. Diese Zahl scheint nicht besonders hoch. Genauer betrachtet handelt es sich aber um Wasserstoffbomben mit einer Zerstörungskraft von je 45 kT TNT. Das ist mehr als das Dreifache der Hiroshima-Bombe, die damals 80.000 Menschen sofort und weitere 200.000 in der Folge getötet hat. Die Sprengköpfe sind für den Transport mit deutschen Tornado-Jagdbombern vorgesehen. Diese Atomwaffen müssen von Deutschland abgezogen werden. Von Deutschland darf keine massenhafte Tötung von Menschen mehr ausgehen.

Der Atomwaffenverbotsvertrag wurde am 7. Juli 2017 von 122 Staaten angenommen. Die deutsche Bundesregierung nahm an den Verhandlungen dazu nicht teil. Die Begründung dafür war damals:

• Nuklearwaffenstaaten nicht eingebunden • keine Inspektions- und Verifikationsmechanismen • keine Beschränkung der Herstellung von spaltbarem Material • sicherheitspolitisches Umfeld nicht berücksichtigt

Heute stellt sich die Lage anders dar, insbesondere nach dem Friedensnobelpreis an die Initiatorin des Abkommens, die ICAN. Die Bundesregierung sollte ihre Bedenken zumindest ernsthaft mit den Verbündeten und den Unterzeichnerstaaten verhandeln. Deutschland darf nicht abseits stehen, wenn sich die Weltgemeinschaft zu einem Atomwaffenverbot bekennt.

Daher fordert der Parteitag die Mitglieder der Bundesregierung auf:

  1. energisch in Verhandlungen mit den NATO-Verbündeten einzutreten, die den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland zum Ziel haben.

  2. unverzüglich Beitrittsverhandlungen zum Atomwaffenverbotsvertrag vom 7. Juli 2017 aufzunehmen. Berechtigte deutsche Vorbehalte im Hinblick auf Verifikationsmechanismen und Sicherheitsbedenken sollten im Vorfeld des Beitritts mit den bisherigen Unterzeichnerstaaten verhandelt werden.

Begründung:

Die Anwendung von Massenvernichtungswaffen ist ethisch und völkerrechtlich verwerflich. Christliche wie humanistische Ethik lehnen Massenvernichtungswaffen mehrheitlich ab. Die katholische Kirche – um nur ein Beispiel zu nennen – sagt es so: „Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist.“ (Vatikanisches Konzil: Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ v. 7. Dez. 1965, Nr. 80) Dem haben damals 97% des anwesenden Weltepiskopats zugestimmt. Auch das humanitäre Kriegsvölkerrecht verbietet solche Waffen. Die Bundeswehr ist in Form der Dienstvorschrift ZDv 15/2 darauf verpflichtet.

Anhang:

  1. Auszüge aus Koalitionsverträgen

Koalitionsvertrag 2009:

Wir unterstützen mit Nachdruck die von US-Präsident Obama unterbreiteten Vorschläge für weitgehende neue Abrüstungsinitiativen – einschließlich des Zieles einer nuklearwaffenfreien Welt. …

In diesem Zusammenhang sowie im Zuge der Ausarbeitung eines strategischen Konzeptes der NATO werden wir uns im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden.

Koalitionsvertrag 2013:

Wir treten für allgemeine und weltweite Abrüstung und Rüstungskontrolle sowohl von konventionellen als auch von Massenvernichtungswaffen ein. Gemeinsam mit unseren NATO-Partnern haben wir uns auf dem Gipfel von Chicago zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für eine Welt ohne Kernwaffen zu schaffen und bis dahin die Rolle von Nuklearwaffen zu reduzieren. …. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Atomwaffen.

Koalitionsvertrag 2018:

Wir wollen ein neues konventionelles und nukleares Wettrüsten auf unserem Kontinent vermeiden. Deutschland wird deshalb neue Initiativen für Rüstungskontrolle und Abrüstung ergreifen. Wir setzen uns entschlossen für die weltweite verifizierbare Abrüstung von allen Massenvernichtungswaffen ein. …. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.

  1. Umfrage zu Atomwaffen in Deutschland

https://www.icanw.de/neuigkeiten/deutsche-wollen-andere-atomwaffenpolitik-der-regierung/

Die große Mehrheit der Deutschen kritisiert die Atomwaffenpolitik der Bundesregierung. Drei von vier Bürgern möchten einer repräsentativen Meinungsumfrage zufolge, dass sich die Bundesrepublik an den internationalen Verhandlungen über ein Verbot der Massenvernichtungswaffen beteiligt. Bislang boykottiert die Regierung diese Gespräche auf UN-Ebene. Die Umfrage wurde von der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) bei YouGov Deutschland in Auftrag gegeben. Befragt wurden 2072 Personen, die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung über 18 Jahren.

75 Prozent fordern die Teilnahme an den Verhandlungen, nur 12 Prozent sind dagegen, der Rest machte keine Angaben. Dabei überwiegt die Forderung unter Anhängern aller Parteien. Von den Unions-Wählern bei der vergangenen Bundestagswahl sind 77 Prozent für die Beteiligung, von den SPD-Wählern 83 Prozent. Bei Linkspartei, Grünen und FDP sind die Zustimmungswerte noch höher. Lediglich unter den AfD-Wählern gibt es tendenziell weniger Unterstützer.

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