Gmund– Laut bayerischer Verfassung (§106) hat jeder Bewohner Bayerns Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Der Anspruch ist da, nur die Wohnungen fehlen. Die politischen Versäumnisse sind offensichtlich: Landesmittel zur Wohnraumförderung wurden seit Mitte der 90er Jahre immer weiter reduziert und im Jahr 2013 wurde die landeseigene Genossenschaft mit über 30.000 Wohnungen von der CSU-geführten Landesregierung sogar verkauft. Zugleich wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht ausreichend bezahlbare Wohnungen neu gebaut, obwohl der Zuzug in die Region anhält. Seit 1993 hat sich die bayernweite Anzahl an geförderten Mietwohnungen von jährlich über 14.000 auf aktuell gerade mal knapp 4.000 jährlich verringert. Der Bestand von Sozialwohnungen hat sich seit 1999 gar halbiert, denn immer mehr Wohnungen fallen aus der Mietpreisbindung. Mieter und Käufer mit niedrigen oder mittleren Einkommen können sich kaum noch Wohnungen und Häuser mieten oder gar kaufen – diese sind schlichtweg oft zu teuer. Es findet ein Verdrängungswettbewerb um den vorhandenen Wohnraum statt. Die Folge ist nicht nur, dass viele Menschen gezwungen sind, in günstigere Gegenden umzuziehen. Ohne ausreichend Wohnraum bleiben auch auf dem Arbeitsmarkt immer häufiger Stellen unbesetzt, sei es bei der Kinderbetreuung, Pflege, Gastronomie oder im Handel.
„Bezahlbarer, barrierefreier, alters- und familiengerechter Wohnraum sowie Unterkünfte für Renter*innen, Azubis und Studenten sind knapp “, heißt es im Antrag der SPD Fraktion im Kreistag, der am vergangenen Mittwoch unter Federführung von Fraktionssprecher Martin Walch ohne Gegenstimmen verabschiedet wurde. Konkret geht es um einen Prüfauftrag an den Landkreis, wie viele geeignete Grundstücke zum Wohnungsbau zur Verfügung stehen und welche Beratungsmöglichkeiten durch den Landkreis für den „Kommunalen Wohnungsbau“ bestehen. Offensichtlich ist auch den anderen Parteien die Notwendigkeit klar, denn sie unterstützen die zentrale Aussage: Kommunaler Wohnungsbau ist vordringliche Aufgabe des Landkreises und der Kommunen. Verena Schmidt-Völlmecke, Landtagskandidatin der SPD im Landkreis Miesbach, begrüßt die Entscheidung des Kreistags: „Wohnen ist für uns aktuell und zukünftig das Topthema. Unser Landkreis ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort und dazu gehören nun mal Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Familien, die ein bezahlbares Dach über dem Kopf brauchen. Es geht darum, den Bedarf an 1 Wohnraum und die Flächennutzung in Einklang zu bringen.“ Die Warngauerin betont: „Es gibt schlaue Konzepte für Mehrfamilien- und Mehrgenerationenhäuser, die gut ins Landschaftsbild passen. Der vorhandene Platz muss besser genutzt werden. Genossenschaften oder eine landkreisweite Wohnungsbaugesellschaft sind gute Partner, um langfristig die Mieten gering zu halten und den Bedarf zu koordinieren. Mehr Luxuswohnungen oder unbezahlbare Einfamilienhäuser helfen keiner Erzieherin.“
Im Vorfeld der Kreistagssitzung war Volkmar Halbleib, parlamentarischer Geschäftsführer und wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, zu Gast im Gmunder Wirtshaus „Maximilian“ und diskutierte mit den SPD-Mitgliedern das Thema Wohnungsbau. „Mit der Initiative der SPD- Kreistagsfraktion ist der Landkreis auf dem richtigen Weg“, lobte der SPD-Politiker. Leider erschwere die CSU-Staatsregierung gerade das Engagement der Landkreis durch unnötige rechtliche Einschränkungen. „Dabei müssen alle kommunalen und staatlichen Stellen ihre Möglichkeiten zur Schaffung von Wohnraum ausschöpfen. Gemeinden, Landkreis und Freistaat müssen handeln. “ Sebastian Oppermann, Sprecher der Holzkirchener Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“, stellte bei der Diskussion sein Konzept vor. „Wir wollen gemeinsam ein Mehrgenerationenhaus mit 35 Einheiten bauen“, so Oppermann. „Wichtig ist, dass wir unser nachbarschaftliches Wohnprojekt mittels einer Genossenschaft umsetzen, denn nur so bleiben die Mieten langfristig bezahlbar.“ Jetzt suche man ein geeignetes Grundstück, um zügig mit dem Projekt starten zu können. Wohnen ist das Topthema im Landtagswahlkampf für die SPD. Verena Schmidt-Völlmecke ist überzeugt, dass im gesamten Landkreis ein vierstelliger Bedarf an bezahlbaren Wohnungen besteht und diese zügig und ortsverträglich geschaffen werden müssen. Sie fordert: „Frau Aigner, als Ministerin für diesen Bereich und langjährige Landtagsabgeordnete, ist in der Pflicht, den Landkreis bestmöglich zu unterstützen, damit die Gemeinden leichter bauen können und den Menschen geholfen wird.“