Schliersee, 03. Mai 2017: Seit letztem Jahr hat die SPD im Landkreis Miesbach eine gute alte Tradition aufleben lassen und zeichnet wieder Personen, Vereinigungen oder Initiativen aus, die sich in besonderer Art und Weise für den Umweltschutz in unserem Landkreis engagiert haben. Zu Ehren des ehemaligen Landrates Anton Bauer, dem Vater der Umweltbewegung im Landkreis, benennt die SPD den Preis nach ihm. In diesem Jahr zeichnet die SPD Dr. Klaus Lintzmeyer aus für sein langjähriges Engagement für ein Naturschutzgebiet Rotwand.
In einem Kurzporträt erinnert zunächst Hannes Gräbner, der Vorsitzende der SPD im Landkreis Miesbach, an den ehemaligen SPD-Landrat Anton Bauer, der per Verordnung das Tegernseer Tal und Umgebung zum Landschaftsschutzgebiet erklärte. Die Angelegenheit schlug damals bayernweit hohe Wellen, das hinderte Anton Bauer aber nicht daran, weitere Landschaftsschutzgebiete auszuweisen.
„Was ihn vor allen Dingen ausmachte, war seine Weitsicht in Sachen Umweltschutz.“ sagte Gräbner in seiner Würdigung. „Heute wie damals zeigt sich, dass es der Entschlossenheit der Politik bedarf, um der Verschandelung unserer Heimat Einhalt zu gebieten und das Gemeinwohl wieder in den Vordergrund zu stellen.“
Danach hielt der Preisträger des letzten Jahres, der SPD-Umweltpolitiker und Landtagsabgeordnete Florian von Brunn die Laudatio auf den diesjährigen Preisträger Dr. Klaus Lintzmeyer. „Der Anton-Bauer-Umweltpreis hat eine große politische Bedeutung, gerade in Zeiten, in denen die CSU den Umwelt- und Naturschutz, wie am Riedberger Horn, mit den Füßen tritt!“ sagte von Brunn.
„Klaus Lintzmeyer hat diesen Preis in besonderer Art und Weise verdient, weil er sich zusammen mit seiner Frau Anneliese sein ganzes Leben lang für den Schutz der Alpen, des Voralpenlandes und der oberbayerischen Natur und Landschaft eingesetzt hat!“ so von Brunn weiter. „Besonders erwähnenswert ist sein Einsatz für den großartigen und einzigartigen Naturschatz Rotwandgebiet, gegen Landschaftsverschandelung und Flächenfraß im Landkreis, und sein Engagement im Verein zum Schutz der Bergwelt!“
Unter dem Beifall des Publikums und der zahlreichen Ehrengäste wie Rudolf Erlacher (Vizepräsident des deutschen Alpenvereins und Vorstand des Vereins zum Schutz der Bergwelt), Angela Brogsitter-Finck (Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal), Manfred und Evi Burger (BUND Naturschutz), Waltraut Holzfurtner (BUND Naturschutz), Manfred Wagner (Energiewende Oberland) und Anneliese Blümel (Zivilcourage Miesbach) hielt Dr. Klaus Lintzmeyer seine Dankesrede, die in vollem Wortlaut hier zu lesen ist:
Rede von Klaus Lintzmeyer anläßlich der Verleihung des Anton-Bauer-Umweltpreises 2017 am 03. Mai 2017
Ich möchte dem SPD-Kreisverband Miesbach und seinem Vorsitzenden Herrn Hannes Gräbner danken, dass ich heute hier sein kann und als Parteiloser mit dem Anton-Bauer-Umweltpreis der SPD im Landkreis Miesbach geehrt werde. Herrn Landtagsabgeordneten Florian von Brunn danke ich für seine warmherzigen Worte der Laudatio.
Auch wenn ich seit 1970 und damit mittlerweile seit 47 Jahren im ehrenamtlichen Naturschutz tätig bin und ich mich dabei neben dem Thema Naturschutzgebiet Rotwand für zahlreiche weitere Natur- und Umweltschutzthemen eingesetzt habe, weil alles mit allem zusammenhängt, war dieses Engagement immer nur in einer Gruppe Gleichgesinnter und einschlägiger Verbände (z.B. Naturfreunde, Bund Naturschutz, Deutscher Alpenverein, Verein zum Schutz der Bergwelt, LBV) möglich, für die ich hier stellvertretend stehe.
Und immer dabei war meine Frau Anneliese, denn alleine hat man nicht den langen Atem, der vor allem für die Naturschutzarbeit erforderlich ist. Und diese konzentriert sich für mich seit langem im Naturschutzverband „Verein zum Schutz der Bergwelt“, für dessen Unterstützung ich sie alle ermuntern möchte.
Dass der Landkreis Miesbach immer noch der einzige bayerisch-alpine Landkreis zwischen Lindau und Berchtesgaden ist, der kein einziges Naturschutzgebiet hat, liegt nicht an der fehlenden Naturausstattung, sondern am fehlenden Willen der Politik und am fehlenden Durchsetzungsvermögen der zuständigen Behörden.
Wie kann es sein, dass außer im Landkreis Miesbach in allen Nachbarlandkreisen Miesbachs die wertvollsten Flächen für den Naturschutz als Naturschutzgebiete im Einklang mit der Forstverwaltung und der Landwirtschaft gesichert sind?
Östlich von Miesbach zum Beispiel der Nationalpark Berchtesgaden, das Naturschutzgebiet Östliche Chiemgauer Alpen, das Naturschutzgebiet Geigelstein.
Westlich von Miesbach zum Beispiel das Naturschutzgebiet Karwendel und Karwendelvorgebirge, das Naturschutzgebiet Schachen und Reintal, das Naturschutzgebiet Ammergebirge, das Naturschutzgebiet Aggenstein, das Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen, NSG das Naturschutzgebiet Hoher Hen, das Naturschutzgebiet Rohrachschlucht, um nur einige zu nennen.
Bereits 1969 hat die Regierung von Oberbayern das Landratsamt Miesbach angewiesen, die Vorarbeiten zur Erklärung des Rotwandgebietes zum Naturschutzgebiet aufzunehmen.
Das Bayerische Innenministerium hat 1970 die Taubensteinbahn am Spitzing nur unter der Maßgabe genehmigt, das engere Rotwandgebiet als Ruhezone freizuhalten und zum Vollnaturschutzgebiet zu erklären.
Die erste Forderung mit der Ruhezone wurde 1972 mit der Einstufung des Rotwandgebietes in die Zone C des Bayerischen Alpenplanes erfüllt. Die zweite Forderung ist auch nach 47 Jahren noch nicht umgesetzt. Wobei anerkennend erwähnt wird, dass die Landschaftsschutzgebiets-Verordnung Rotwand von 1987 einen starken Verordnungstext hat. Aber wir wissen ja, wie nachlässig der Miesbacher Kreistag mit einmal festgesetzten Schutzgebieten umgeht.
Und wie schnell es entgegen allen fachlichen Beurteilungen gehen kann, die Zone C des Alpenplans mit vorgetäuschten wirtschaftlichen Gründen anzugreifen, zeigt der derzeitige Versuch des sogenannten Heimatminister Söders, die LEP-Alpenplanzonierung C am Riedberger Horn ändern zu wollen.
Die Bayerische Biotopkartierung hat wissenschaftlich festgestellt, dass im Gebirgsstock des Rotwandgebietes zahlreiche seltene Pflanzengesellschaften und -arten vorkommen und dies einzigartig ist für den Mittelstock der Bayerischen Alpen und sie hat demzufolge einen Naturschutzgebiet Rotwand-Vorschlag gemacht.
Diese Kartierung geschützter Biotope ist auch der naturschutzfachliche Hintergrund, dass der Miesbacher Kreistag 1992 und 2005 im ABSP (Arten- und Biotopschutzprogramm) Landkreis Miesbach neben der Rotwand, den Schinder und die Blauberge und andere mehr einstimmig als Naturschutzgebiet vorgeschlagen hat.
Seit Dezember 2002 ist darüber hinaus die Alpenkonvention mit ihren Protokollen auch in Deutschland rechtskräftig.
Der genannte naturschutzfachliche Hintergrund führte 2004 folgerichtig zur Festsetzung u.a. des „Mangfallgebirges“ als Flora-Fauna-Habitat- und Vogelschutzgebiet von Natura 2000 der EU.
Nur war danach wiederum die Bayerische Politik und mit ihr die Bayerische Naturschutzverwaltung zu feige, den Artikel 4 der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie dadurch zu erfüllen, für alle festgesetzten Natura 2000-Gebiete Bayerns spezielle Schutzgebietsverordnungen zu erlassen, so dass eine diesbezügliche Beschwerde bei der EU-Kommission noch anhängig ist.
Es ist über Jahrzehnte zu den Naturschutz-Notwendigkeiten im Landkreis Miesbach schon alles und mehrfach von Privatpersonen, von NGOs und von Fachbehörden gesagt worden. Wir brauchen jetzt keine neuen Aktivitäten von Privatpersonen und NGOs.
Jetzt sind zur Umsetzung die Fachbehörden und die Politik dran, mit allen Beteiligten einen Kompromiss zu schmieden. Und nach 47 Jahren ist es nicht übereilt, entsprechend zu handeln.
Das Blochsche „Prinzip Hoffnung“ gilt auch hier, denn für Fakten gibt es keine Alternativen. Dies gilt im Naturschutz ebenso wie in anderen Politikfeldern.
Und eines sei noch als Worst-Case-Szenario erwähnt: Wenn weitere europäische Länder wie bei der Brexit-Entscheidung verrücktspielen und die EU zerfallen sollte, fallen auch alle EU-Errungenschaften und damit alle Finanzierungen, Richtlinien und Verordnungen der EU. Und damit auch Natura 2000 und damit z.B. auch das Natura 2000-Gebiet „Mangfallgebirge“ und dessen gebietsbezogene Erhaltungsziele.
Jetzt im Landkreis Miesbach als Alibi zumindest ein Gebiet nachrangiger Wichtigkeit als Naturschutzgebiet ausweisen zu wollen, um den Makel fehlender Naturschutzgebiete im Landkreis endlich loszuwerden, ist meines Erachtens der falsche Weg.
Die wertvollsten Gebiete müssen zuerst gesichert werden, wobei dabei natürlich die zunehmenden verschiedenen Nutzungsbeeinträchtigungen nicht von der Hand zu weisen sind.
Der frühere Miesbacher Landrat Anton Bauer - der Namensgeber des SPD-Umweltpreises - hat vor über 60 Jahren Naturschutz-Umsetzungen vorbildlich vollzogen. Man sollte ihn im Landkreis endlich mit einer Gedenktafel in einem der von ihm erlassenen Landschaftsschutzgebiete würdigen.
Zum Abschluss möchte ich noch meiner Frau Anneliese für ihre Unterstützung meiner Naturschutzarbeit danken und natürlich auch Ihnen allen, die extra zu meiner Preisverleihung gekommen sind.