Was hat Fridays for Future mit dem Ostermarsch zu tun?

25. April 2019

Rede des Juso-Vorsitzenden Tim Siebeneicher auf dem Ostermarsch in Miesbach

Wenn ein junger Mensch aktuell über Klimapolitik spricht, werden hohe Erwartungen gestellt. Zum einen muss ich heute eloquent sein, wie Greta Thunberg oder die Vertreter von Fridays for Future in Berlin, zum anderen muss ich diesen Willen nach Veränderung und Handeln zeigen, der meine Generation gerade antreibt.

Nun, vor ein paar Wochen, am ersten März, stand ich genau hier, vor über 150 Schülerinnen und Schülern, die diesen Willen haben und am Freitagvormittag zusammen für ihre Zukunft aufgestanden sind, aufgestanden von ihren Schulbänken und dafür gekämpft haben, dass sich etwas ändert.

Manch einer unter Ihnen wird sich jetzt denken, „das ist ja alles schön und gut, aber was hat das mit dem Ostermarsch zu tun?“ Dem will ich zurufen: Einfach alles!

Wir gehen heute auf die Straße, um gegen Aufrüstung zu demonstrieren, gegen Atomsprengköpfe und Mittelstreckenraketen, Dinge, die unsere Erde zerstören könnten.

Doch wenn wir gegen die aktuelle Klimapolitik auf die Straße gehen, protestieren wir gegen etwas, das unsere Erde definitiv zerstören wird, wenn wir nicht umdenken! Der Mensch ist dabei, den Ast auf dem er sitzt abzusägen!

Die Folgen des Klimawandels sind enorm. In den nächsten 100 Jahren könnte die Temperatur um 4 Grad ansteigen. Ein Anstieg , der weit außerhalb der Schwankungen der letzten Jahrhunderte liegt und der so schnell kommt, wie keine Temperaturänderung der letzten 10.000 Jahre.

Die Folgen sind katastrophal: ein Anstieg des Meeresspiegels, enorme Dürren, enorme Stürme.

Doch der Klimawandel ist nicht nur bedrohlich, er ist auch hochgradig ungerecht. Ein Deutscher produziert im Schnitt 11 Tonne Co2 im Jahr, das ist mehr als 3-mal so viel. Wie eine 120 Jahre alte Buche gespeichert hat.

Nach Co2-Emissionen insgesamt ist Deutschland auf Platz 6, allein in der EU stellt Deutschland 8 der 10 größten Co2-Verursacher. Übrigens alles Braunkohlekraftwerke.

Was wären jetzt die Folgen aus der Erwärmung für Deutschland? Erst einmal besseres Wetter.

Natürlich auch negative Folgen: Die Skifahrer unter Ihnen werden leiden müssen, manche Tierarten profitieren von der Veränderung, vor allem Insekten, was sicherlich zu vermehrten Zusammenstößen zwischen Mücke und Mensch führen wird. Und natürlich das schlimmste: Der Hopfenanbau in Deutschland wird irgendwann nicht mehr möglich sein.

Auch wenn beim Bier der Spaß aufhört, unsere Probleme sind nichts, mit den Problemen anderer Nationen verglichen.

Mosambik, laut UN eins der 10 ärmsten Länder der Erde wurde zuletzt gleich 2-mal von den Folgen des Klimawandels getroffen.

Anfang letzter Woche kam es in der Region zu extremen Regenfällen und Überflutungen, bei der insgesamt 110 Menschen starben. Wenige Tage später suchte dann der Zyklon Ida die Küste rund um die Hafenstadt Beira heim, über 100 Menschen verloren dabei Ihr Leben, tausende ihr Zuhause.

Eine Bürgerin oder ein Bürger Mosambiks hat einen jährlichen Co2-Ausstoß von 0,2 t, ein 55stel eines Deutschen.

Ein anderes Beispiel ist Bangladesch:

Das Land ist flach, jedoch von vielen Flüssen durchzogen, zudem liegt es am indischen Ozean. Stürme und Überschwemmungen geißeln das Land in der jüngeren Geschichte immer öfter und stärker. Zuletzt besonders schlimm bei der Überschwemmung 2017, als ca. 8 Millionen Menschen betroffen waren.

Übrigens: ein Bangladescher oder eine Bangladescherin ist pro Jahr für 0,46 Tonnen CO2 verantwortlich, 1/24 eines Deutschen.

Am anderen Ende der Welt, vor Mittelamerika fliehen die ersten Menschen vor dem Klimawandel, genauer vor dem steigenden Meeresspiegel. Vor der Küste Panamas verlassen Inselbewohner ihrer Heimat, weil sich das Meer sich diese einverleibt. Bewohner haben mit der Überflutung ihrer Inseln und der Zerstörung ihrer Häuser durch Stürme zu kämpfen.

Die UN schätzt, dass es in den nächsten 30 Jahren 50 bis 200 Millionen Klimaflüchtlinge geben wird, die meisten aus Küstenregionen und glauben sie mir, bis der erste Deutsche sein Heim durch einen Tsunami verliert, der die Elbe rauf kommt, oder bis der erst Zyklon im Chiemsee wütet dauert es noch ein bisschen. Wir sehen also, wir, die Hauptverursacher kommen vergleichsweise glimpflich weg, wenn wir uns um Moskitos und unser Bier sorgen müssen und anderswo Menschen fliehen und um ihr Leben bangen müssen.

By the way, Flucht hat noch nie zu Frieden beigetragen. Und da wären wir auch schon wieder beim Ostermarsch.

Was also tun?

Bei unserer Fridays for Future Demo haben uns viele Menschen vorgeworfen, dass wir ja nichts Konkretes fordern und keine Ziele hätten.

Jetzt sind Vertreter der Bewegung vor Presse und Politik getreten und haben sehr konkrete Forderungen gestellt, den ich mich gerne anschließen möchte:

• Raus aus der Kohle bis 2030 oder noch schneller • Weg mit dem 52 GW Deckel für Solarenergie • Schluss mit Subventionen für Kohle, Gas und Öl • So schnell wie möglich 100% Erneuerbare Energien • 0 Emissionen ab 2013

Ich will aber noch mehr fordern, an die Politik:

• Schluss mit der Einschränkung der Windkraftanlagen • Kostenloser und besserer ÖPNV • Fahreinschränkungen für Autos in Innenstädten • Stattdessen fahrradfreundlichere Städte und Kommunen
• Verbote für Inlandflüge • Subventionen in E-Autos und Abkehr vom Diesel

Und vor allem: wacht auf, wir haben keinen Planet B!

„What I stand for, is what i stand on!“

Ich hoffe, ich habe nun den Erwartungen, die an mich gestellt wurden entsprochen und möchte schließen mit dem Verweis auf Ostern.

Christinnen und Christen feiern morgen die Auferstehung Jesu, der konnte übers Wasser laufen, hoffentlich müssen das die Holländer nicht auch bald lernen.

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